… ist heute und auch wenn ich kein Kaffeetrinker mehr bin, leider, so ist dieses Getränk doch sehr eng mit Portugal verbunden. Die Portugiesen haben die Kaffeepflanze nach Südamerika gebracht, vor allem nach Brasilien und hier im Land gehört der Kaffee, und speziell der Bica, zur Volkskultur. Ein echter Portugiese beginnt den Tag in der Pastelaria, trinkt dort seinen Bica und geht dann erst seinen Tagesaktivitäten nach. Blöd nur, wenn man, wie ich, keinen Kaffee mehr verträgt und somit einen wesentlichen Teil der Kultur und des sozialen Miteinanders in besagtem Kaffeehaus verpasst, denn selbst Corona konnte den Portugiesen nicht von seinem Bica abhalten.
Apropos Kultur … als ich letztens mit einer Doktorantin der Universidade aberta Lissabon sprach, kamen wir auch auf das Thema Interkulturalität und Transkulturalität zu sprechen. Ich kam dabei doch etwas ins Staunen, denn gerade die Portugiesen sind sehr kulturbewusst und pflegen ihre Landeskultur in jeder erdenklichen Weise und unter Wahrung eines entsprechenden Nationalismus (siehe die port. Nationalhymne). Dass jedoch an der Uni Lissabon ausgerechnet die Transkulturalität vertreten und gelehrt wird, hat mich dann doch verwundert.
Was aber ist der Unterschied und was hat das mit dem Kaffee zu tun??? Der transkulturelle Standpunkt sieht keine klaren Kulturen, sondern alles als eine Vermischung ohne klare Grenzen. Transkulturalität beschreibt also ein Kulturkonzept, in welchem sich Kulturen miteinander verbinden, vermischen und voneinander untrennbar zu betrachten sind. Somit herrschen Diversität und starke Heterogenität vor, erklärte mir die angehende Frau Doktor. Hingegen sieht der interkulturelle Standpunkt Kulturen als klar abgegrenzt und somit homogen an. Angesichts der sehr kontroversen Diskussionen in Deutschland, finde ich es durchaus interessant, über diese Dinge einmal nachzudenken und dem Begriff „Multikulti“, der ja vor allem von einer der Wahlsiegerparteien gerne benutzt wird, näher zu rücken.
Nein, ich beabsichtige nicht, hier ein eindeutiges Statement abzugeben oder, modern gesagt „Haltung“ zu zeigen, denn ich denke, dass es doch etwas komplizierter ist, als es den Anschein hat. Die Transkulturalität erscheint mir in sofern schwierig, als der Effekt des voneinander Lernens etwas untergeht. Man mischt Kulturen ineinander, macht daraus einen Einheitsbrei und glaubt, dass damit Europa eine Einheit wird. Immerhin ist Transkulturalität eine europäische Richtlinie aus Brüssel, die an den Universitäten umgesetzt werden soll. Andererseits aber wundert man sich, dass in ganz Europa ein nicht zu unterschätzender Rechtsruck zu beobachten ist und die dazu gehörigen Parteien erstarken. Das empfinde ich als nicht zu unterschätzende Fehlentwicklung, die allerdings auch hausgemacht ist. Interkulturalität dagegen belässt den Kulturen ihre Individualität, akzeptiert das „anders sein“ und bemüht sich, von den/der jeweils anderen Kultur zu lernen und ggf. Dinge zu adaptieren. Dabei muss keine Kultur die eigene Identität aufgeben oder gar verleugnen und dennoch wachsen die Menschen zusammen und haben Spaß daran, etwas aus anderen Kulturen zu lernen.
Was aber ist mit den Sprachen? Es gibt eine wunderbare Brücke und auch dazu eine Richtlinie aus Brüssel – wie könnte es auch anders sein – um über die Sprache Völker miteinander zu verbinden. Das ist die sogenannte Mehrsprachigkeit bzw. das gleichzeitige, parallele Lernen mehrerer Sprachen in einem Kurs. Sprachen sind und bleiben nun mal das verbindende Element zwischen Völkern und Kulturkreisen. Ich selbst erlebe es ja hier tagtäglich. Ohne Sprachfertigkeiten hätten wir uns hier in Portugal niemals wirklich integrieren können. Die Brüsseler Richtlinie besagt zu recht, dass jeder europäische Bürger mehrsprachig sein sollte und das sehe ich auch so. Indem man eine Fremdsprache lernt, erfährt man sehr viel über das andere Land, seine Sitten und seine Kultur. Ich finde das toll und erkenne momentan noch keine Notwendigkeit, dass ein Sprach- oder Kulturraum seine Identität aufgeben sollte, um ein Zusammenwachsen der Völker zu garantieren. Ich halte das eher für kontraproduktiv. Hinzu kommt, dass die Mehrzahl der Menschen durchaus Interesse an anderen Kulturen haben, aber deswegen noch lange nicht ihre kulturelle Identität aufgeben wollen. Glauben sie jedoch diese Gefahr zu erkennen, dann passiert das, was wir gefährlicher weise in Europa beobachten. Letztlich kann das zum Zerfall einer wirklich tollen Idee namens Europa führen.
Doch zurück zum Kaffee … er stammt ursprünglich aus Afrika, genauer gesagt aus Äthiopien, eroberte das Osmanische Reich im Osten, und gelangte dann über die Niederlande und Frankreich nach Europa, wo er zu einem echten Kulturgut wurde. Wie man ihn trinkt, ist jedoch wiederum von Land zu Land unterschiedlich, aber auch interessant. So trank ihn der berühmte französische Sonnenkönig Ludwig der IV heiß und mit Zucker sowie Milch, aus größeren Tassen, während er z.B. hier in Portugal zwar auch heiß, aber ohne Milch und aus winzig kleinen Tassen genossen wird. Ich will Euch nicht mit einer Auflistung von unterschiedlichen Kaffeesitten langweilen, sehe aber kulturübergreifend im Kaffeegenuss auch etwas Verbindendes. Bei einem Kaffee lässt sich lockerer plaudern, man tauscht sich aus und der Franzose kann einen „Bica“ probieren, während der Portugiese den „Café au lait“ genießt. Naja und beginnt nicht so ziemlich jede Beziehung mit oftmals späterer Heirat, bei dem Satz: „darf ich sie zu einem Kaffee einladen?“
Ich denke, dass es die kleinen, alltäglichen Dinge des Lebens sind, die uns zusammenbringen und nicht die ganz großen, ideologisch durchseuchten, dem Lateinischen entliehenen Begriffe. Ob transkulturell, interkulturell, multikulturell oder plurikulturell … entscheidend ist doch, dass Menschen sich gegenseitig respektieren und mit Achtung behandeln, dass sie die Andersartigkeit reizvoll finden und Diversität nicht als ideologisches Schlagwort benutzen, indem sie ihm gleich wieder einen wenig diversen und intoleranten Beigeschmack verleihen.
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